Kündigungsschutz

Gegen den eigenen Willen zum Auszug gezwungen zu werden, ist fast das Schlimmste, was Mietern passieren kann. Deshalb muss man Vermieterkündigungen grundsätzlich juristisch prüfen lassen. Was da alles falsch sein kann, erfahren Sie im Ratgeber Kündigung durch den Vermieter.

Ziehen die Mieter:innen trotz Kündigung nicht aus, muss der Vermieter nachgeben oder auf Räumung klagen. Dann wird das zuständige Gericht seine Kündigungsgründe prüfen und entscheiden, ob sie korrekt sind. Allerdings werden in einem solchen Prozess nur die Kündigungsgründe, die der Vermieter in seinem Kündigungsschreiben genannt hat, geprüft. Welches Interesse die Mieter:innen an einem Erhalt seiner Wohnung hat, spielt hingegen erst einmal keine Rolle. Etwas anderes gilt nur, wenn sich die Mieter:innen auf die Sozialklausel des Bürgerlichen Gesetzbuches berufen kann und fristgerecht Widerspruch gegen die Kündigung einlegt.

Die Sozialklausel

Führt die Beendigung des Mietverhältnisses für die Mieter:innen zu einer unzumutbaren Härte, dann kann er der Kündigung des Vermieters widersprechen. Mit Hilfe der so genannten “Sozialklausel” können Mieter:innen sich selbst gegen eine berechtigte Vermieterkündigung wehren und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen.

Die Mieter:innen können sich allerdings nicht auf die Sozialklausel berufen, wenn der Vermieter das Mietverhältnis fristlos gekündigt hat oder wenn ein qualifizierter Zeitmietvertrag abgeschlossen wurde. Die Sozialklausel ist nicht eine bloße Ausnahmeregelung im Gesetz, sie ist vielmehr das gleichwertige Gegenstück zur Kündigungsbefugnis des Vermieters.

Härtegründe

Den wichtigsten Härtegrund nennt das Gesetz ausdrücklich: „Fehlender Ersatzwohnraum”. Gemeint sind die Fälle, dass der gekündigte Mieter keine neue Wohnung zu zumutbaren Bedingungen findet. Allerdings dürfen Mieter:innen ihre Erwartungen an diesen Tatbestand nicht zu hoch ansetzen. Zumutbar kann eine neue Wohnung durchaus sein, auch wenn sie teurer, nicht im gleichen Wohnviertel und nicht so groß ist wie die bisherige Wohnung. Eine angemessene Ersatzwohnung muss aber natürlich nach Größe und Ausstattung eine menschenwürdige Unterbringung für alle Familienmitglieder gewährleisten. Familiengröße, Beruf, vor allem Gesundheitszustand und Einkommen der Mieterfamilie sind hier zu berücksichtigen. Hohes Alter allein schützt nicht automatisch!

Dass man vergeblich nach einer Ersatzwohnung gesucht hat, muss man natürlich plausibel machen. Mieter:innen sollten die Adressen der besichtigten Wohnungen sammeln und vergebliche Wohnungsnachfragen bei Wohnungsunternehmen, Maklern und so weiter notieren, um notfalls nachzuweisen, dass sie sich ernsthaft um eine Ersatzwohnung bemüht haben.

Neben fehlendem Ersatzwohnraum akzeptieren die Gerichte als Härtegründe auch: Hohes Alter, Invalidität, Gebrechlichkeit, Schwangerschaft, Kinder, Schwierigkeiten bei Schul- oder Kindergartenwechsel, bevorstehendes Examen, geringes Einkommen, schwere Erkrankung oder lange Mietdauer.

Interessenabwägung

Berufen sich die Mieterinnen und Mieter auf die Sozialklausel, führt dies dazu, dass das zuständige Gericht in einem Räumungsprozess die Interessen des Vermieters und des Mieters gegeneinander abwägen und entscheiden muss, welche schwerer wiegen. Entscheidest es zugunsten der Mieter:innen, kann es anordnen, dass das Mietverhältnis befristet oder unbefristet fortgesetzt wird.

Gute Chancen auf eine unbefristete Verlängerung des Mietverhältnisses haben vor allem ältere Mieter:innen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die schon lange in der Wohnung eben und denen ein Wohnungswechsel nicht zugemutet werden soll. Dagegen wird das Mietverhältnis nur zeitlich befristet verlängert, wenn voraussehbar ist, wann der Härtegrund wegfallen wird, zum Beispiel bei Schwangerschaft, Examen oder bevorstehendem Umzug in ein Altenheim.

Wichtig: Bei der Interessenabwägung werden auf Seiten des Vermieters nur Gründe berücksichtigt, die er in seinem Kündigungsschreiben auch angegeben und aufgelistet hat.

Widerspruch einlegen

Der Widerspruch gegen die Vermieterkündigung muss von den Mieter:innen schriftlich erklärt und eigenhändig unterschrieben werden. Das Widerspruchsschreiben muss der Vermieter spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist in den Händen halten. Diese Zwei-Monats-Frist gilt aber nur, wenn der Vermieter auf die Möglichkeit des Widerspruchs sowie auf dessen Form und Frist hingewiesen hat. Ist das nicht geschehen, kann der Mieter auch noch beim ersten gerichtlichen Termin des Räumungsrechtsstreits der Kündigung widersprechen und sich auf die Sozialklausel berufen.

Mehrmals Widerspruch

Notfalls können die Mieter:innen auch mehrfach hintereinander Widerspruch einlegen. Das Gericht kann beispielsweise die Fortsetzung des Mietverhältnisses um sechs Monate anordnen, weil ein Mieter sich gerade auf ein Examen vorbereitet. Das heißt so noch nicht, dass der Mieter nach einem halben Jahr unwiderruflich ausziehen muss. Er kann erneut Widerspruch einlegen, allerdings muss er dem Gericht einen neuen, anderen Härtegrund nennen.

Räumungsfrist

Auch wenn die Mieter:innen schon zur Räumung der Wohnung verurteilt sind, kann ihm das Gericht noch eine letzte Frist einräumen: Die so genannte Räumungsfrist. Das ist auch dann möglich, wenn das Mietverhältnis vorher schon aufgrund der Sozialklausel verlängert worden ist. Es müssen aber neue Gründe für eine Räumungsfrist vorliegen.

Das gilt insbesondere auch dann, wenn die Mieter:innen sich nicht auf die Sozialklausel berufen konnte, zum Beispiel bei einer fristlosen Kündigung des Vermieters. Die Räumungsfrist ist allerdings ausgeschlossen, wenn Mieter und Vermieter einen qualifizierten Zeitmietvertrag abgeschlossen haben.

Mit der Räumungsfrist soll Obdachlosigkeit verhindert werden. Während der Frist haben die Mieter:innen noch einmal Gelegenheit, sich intensiv um eine neue Wohnung zu kümmern. Auch wenn es nur sehr selten vorkommt: Das Gericht kann sogar mehrmals eine „letzte Frist” gewähren. Insgesamt darf die Räumungsfrist aber nicht länger als ein Jahr betragen.

Vollstreckungsschutz

Die letzte Chance, die Räumung der Wohnung zu verhindern oder hinauszuzögern, ist der Vollstreckungsschutz. Für Mieter:innen, die einen qualifizierten Zeitmietvertrag unterschrieben haben, ist es sogar die einzige Möglichkeit, eine letzte Galgenfrist vor der Räumung der Wohnung zu erhalten. Vollstreckungsschutz gewähren die Gerichte nur unter ganz besonders strengen Voraussetzungen. Er kommt nur in Betracht, wenn eine gerichtlich angeordnete Zwangsräumung für den Mieter eine Härte bedeuten würde, die mit den guten Sitten nicht vereinbart ist, zum Beispiel

  • wenn hierdurch Obdachlosigkeit vermieden werden kann, in der Regel aber nur zur Überbrückung geringer Zeiträume bis zum Beginn eines bereits vereinbarten neuen Mietvertrages;
  • wenn für die Mieter:innen oder einen nahen Angehörigen akute Lebensgefahr durch den Umzug droht, Selbstmordgefahr besteht (allerdings muss einer der Mieter:innen in Behandlung sein – die bloße Behauptung reicht nicht);
  • wenn eine kranke Mieterin mit einem vier Monate alten Kind in ein Notquartier eingewiesen werden müsste.

Es müssen aber Gründe sein, die zum Zeitpunkt des Urteils noch nicht vorlagen.