„Was, bei Dir sind alle Fenster undicht und Du zahlst immer noch die volle Miete?“ Diese verdutzte Frage einer Nachbarin, eines Freundes oder Verwandten ist leider gar nicht so selten, wie es wünschenswert wäre. Viele Mieter:innen wissen gar nicht, dass Mängel in der Wohnung zur Minderung der Miete berechtigen. Der Vermieter schaltet leider häufig auf stur, wenn sich ihre Mieterinnen und Mieter über feuchte Decken, bröckelnden Putz, Heizungsausfall oder dergleichen mehr beklagen. In solchen Fällen haben Mieter:innen durchaus Möglichkeiten, ihren berechtigten Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Eine Wohnung ist nur dann die volle Miete wert, wenn sie sich in einem Zustand befindet, der ihren „vertragsgemäßen Gebrauch“ ermöglicht. So steht es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Hat die Wohnung Mängel oder fehlen ihr vertraglich zugesicherte Eigenschaften (kein Bad vorhanden, kein warmes Wasser, obwohl es im Vertrag steht), so ist sie auch weniger wert. Die Mieter:innen haben dann das Recht, eine (angemessen) geminderte Miete zu zahlen – und zwar für die gesamte Zeit, in der der Mangel vorliegt.
Es gibt keine festgelegten Vorankündigungsfristen für eine Mietminderung, und in einigen Fällen kann sie sogar nachträglich vorgenommen werden. Fällt beispielsweise am 12. Januar – nachdem die Miete bereits gezahlt ist – die Heizung aus, so kann der entsprechende Mietabzug für den Januar auch im Februar erfolgen. Vertragsklauseln, die etwa vorschreiben, eine Mietminderung einen Monat vorher anzukündigen, sind deshalb ungültig.
Entscheidend für das Recht zur Mietminderung ist einzig und allein der Zustand der Wohnung. Es ist also völlig unerheblich, ob der Vermieter den Schaden verschuldet hat oder überhaupt für seine Beseitigung sorgen kann. Wenn z. B. eine Baustelle vor dem Haus unerträglichen Lärm verursacht, kann die Miete gemindert werden, auch dann, wenn dort das städtische Tiefbauamt neue Kanalrohre verlegt, wogegen der Vermieter beim besten Willen nichts unternehmen könnte.
Zwei Dinge allerdings sind zu beachten: Der Mieter darf den Schaden nicht selbst verursacht haben. Eine feuchte Wand berechtigt z. B. dann nicht zur Mietminderung, wenn die Ursache dafür das ausgelaufene eigene Aquarium ist. Außerdem muss der Vermieter sofort davon unterrichtet werden, wenn ein Mangel auftritt. Wer dies versäumt, riskiert Schadenersatzforderungen vom Vermieter, wenn der Schaden durch Nichtbeseitigung größer wird. Außerdem entfällt bei fehlender Mängelanzeige das Recht zur Mietminderung.
Wie bereits erwähnt: Dass eine Wohnung mit Mängeln nicht die volle Miete wert ist, ist gesetzlich geregelt. Deshalb kann das Minderungsrecht auch nicht per Mietvertrag ausgeschlossen werden. Alle Mietvertragsklauseln, die eine berechtigte Mietminderung erschweren oder gar ausschließen, sind null und nichtig. Es gibt lediglich vier Einschränkungen:
Übrigens verliert man das Recht zur Minderung nicht, wenn man zunächst einige Wochen abwartet, wie der Vermieter sich verhält, und in der Zeit die volle Miete weiterzahlt. Dennoch kann das Recht irgendwann verwirkt sein. Wann genau das der Fall ist, kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Im Zweifelsfall sollte man besser die Rechtsberatung aufsuchen. Im Allgemeinen geht man von einer Verwirkung aus, wenn die volle Miete ein Jahr lang vorbehaltlos gezahlt wurde. Verwirkung bedeutet, dass die Miete dann nicht mehr gemindert werden darf.
Prinzipiell ist eine Mietminderung das Recht aller, deren Wohnung Mängel aufweist. Deshalb können Vermieter wegen einer Mietminderung auch nicht kündigen. Dennoch ist jede Mietminderung mit einem Risiko verbunden: Man kann sich nämlich irren. Man kann sich irren und den Schaden gravierender einschätzen als er ist und deshalb zu viel mindern. Man kann sich irren und es stellt sich zu spät heraus, dass man selbst den Schaden verschuldet hat. Vor allem bei Feuchtigkeitsschäden ist das gar nicht immer so einfach festzustellen (siehe Ratgeber Feuchtigkeit).
Wer aber unberechtigterweise die Miete mindert, riskiert eine saftige Nachzahlung. Stellt sich später heraus, dass es überhaupt keinen Anlass für eine Mietminderung gab, droht sogar die fristlose Kündigung, sobald der Zahlungsrückstand mehr als zwei Monatsmieten beträgt (vgl. hierzu Ratgeber fristlose Kündigung).
Deshalb sollte niemand auf eigene Faust eine Mietminderung vornehmen. Dieser Ratgeber enthält absichtlich keine „Mietminderungsliste“, die darüber Aufschluss gäbe, bei welchen Mängeln wieviel Prozent der Miete gemindert werden können. Zwar gibt es in der Rechtsprechung hunderte von Beispielen, doch urteilen Gerichte von Ort zu Ort und von Fall zu Fall sehr verschieden.
Und es ist ja gar nicht so unwahrscheinlich, dass der Vermieter versucht, die ihm fehlende Miete einzuklagen. Häufig kann dann nur ein Gutachten über Mangel oder Nichtmangel entscheiden – und Gutachten sind teuer. Wer im Prozess keine böse Überraschung erleben möchte, tut gut daran, sich vorher abzusichern. Deshalb: vor jeder Mietminderung erst zur Rechtsberatung!