Bundestag debattiert über Reform des Baugesetzbuchs
Im Bundestag wurde am 10.Oktober in erster Lesung über die Reform des Baugesetzbuchs betraten. Der Deutsche Mieterbund (DMB) hatte in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf Nachbesserungen im parlamentarischen Prozess gefordert: „Die Bundesregierung hat durch die Ergänzung des Baugesetzbuches um den sogenannten Bau-Turbo den Gesetzesentwurf aus Mietersicht leider verschlechtert. Es besteht die Gefahr, dass dadurch nicht mehr bezahlbare Mietwohnungen entstehen, sondern sogar Schutzinstrumente für Mieter ausgehebelt werden”, sagt dazu Mieterbund Präsident Lukas Siebenkotten.
Investoren von Luxusneubauten und teuren Dachaufstockungen wird hingegen ein städtebaulicher Freifahrtschein erteilt. Der Bundestag muss den Gesetzesentwurf dahingehend ändern, dass der Bau-Turbo vorrangig für mehr bezahlbare Mietwohnungen sorgt und Mieterinnen und Mieter nicht aus ihren Wohnungen verdrängt werden.
Anlässlich der Lesung zur Reform des Baugesetzbuches hat sich der DMB einem breiten Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen im Rahmen eines gemeinsamen Appells angeschlossen, das sich für die Streichung dieses geplanten Bau-Turbos ausspricht. Der DMB vermisst insbesondere zentrale Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter beim Vorkaufsrecht. Der Gesetzesentwurf enthält zwar einige zu begrüßende Erweiterungen des kommunalen Vorkaufsrechts wie z.B. die Erweiterung auf sog. Share Deals, versagt aber bei der Wiederherstellung des Instruments in Milieuschutzgebieten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Anfang November 2021 die gängige Praxis der Kommunen, Häuser in Milieuschutzgebieten vorab zu kaufen, um somit eine drohende Verdrängung der Mieterschaft aus ihren Wohnungen zu verhindern, gestoppt. Seitdem ist das Instrument für mehr Mieterschutz in der Praxis nicht mehr anwendbar. „Demnach kann das Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten weiterhin nur bei Schrottimmobilien ausgeübt werden und ist damit nutzlos im Kampf gegen Verdrängung und Gentrifizierung. Aus unserer Sicht verstößt der Gesetzesentwurf damit gegen den Koalitionsvertrag und muss nachgebessert werden“, so Siebenkotten.
Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass die zeitliche Befristung von Instrumenten wie § 201a BauGB zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt aufgehoben werden soll. Auf Grundlage dieses Paragraphen können Kommunen ihre Vorkaufsrechte nutzen oder Baugebote erlassen, daher ist eine Entfristung wichtig. Dagegen werden andere Regelungen wie § 250 BauGB zum Schutz vor Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen lediglich um zwei weitere Jahre verlängert. „Insbesondere § 250 BauGB hat seit seiner Einführung 2021 deutlich sichtbare und nachhaltige Effekte auf angespannte Wohnungsmärkte gehabt. Der Deutsche Mieterbund fordert den Bundestag auf, die Umwandlung von Mietwohnungen dauerhaft zu beschränken“, fordert Siebenkotten.
So wurden z.B. in Berlin seit 2015 fast 120.000 Mietwohnungen umgewandelt, pro Jahr durchschnittlich 17.000. In den Innenstadtbezirken wie etwa Friedrichshain-Kreuzberg sind knapp die Hälfte aller Bestandswohnungen mittlerweile Eigentumswohnungen. Wurden 2021 in Berlin noch 28.783 Mietwohnungen in Eigentum umgewandelt – sank die Zahl nach Umsetzung von § 250 BauGB auf zuletzt 337 Wohnungen pro Jahr. Demnach wirkt § 250 BauGB effektiv gegen Gentrifizierung und Verdrängung – das ist besonders in angespannten Wohnungsmärkten wichtig für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft und damit in wahrsten Sinnen des Wortes gemeinwohlorientiert.
Die Mieterbund-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Baugesetzbuchs finden Sie hier.
Die Stellungnahme des Mieterbundes zum Bau-Turbo finden Sie hier.
Den gemeinsamen Appell des Verbändebündnisses zur Streichung des Bau-Turbos finden Sie hier.