Wohnen mit Bürgergeld

Zum 1.1.2023 hat das Bürgergeld Hartz IV abgelöst. Dieser Ratgeber will erklären, welche Regeln für das Wohnen mit Bürgergeld gelten.

Die Rechtslage

Das Bürgergeld besteht vor allem aus

  • dem Regelsatz,
  • den „Kosten der Unterkunft“ (KdU). Dazu gehören die Grundmiete, die Betriebs- und Heizkosten und auch die Warmwasserkosten. Stromkosten müssen dagegen aus dem Regelsatz bezahlt werden.

 

Die KdU werden nach dem Gesetz im ersten Jahr in voller Höhe übernommen, danach „soweit sie angemessen sind“. Was „angemessen“ ist, bestimmen die Kommunen. Diese haben dazu in der Regel eigene Richtlinien erlassen, die gleich oder ähnlich den Richtlinien sind, die früher auch schon für Sozialhilfe-Empfänger gegolten haben.

Für die Kaltmiete gilt die sogenannte „Produktmethode“: Angemessene Größe multipliziert mit dem angemessenen Quadratmeterpreis ergibt die angemessene Miete. Das heißt: Ist die Wohnung deutlich kleiner als erlaubt, kann der Quadratmeterpreis durchaus auch höher sein und umgekehrt.

Für die Wohnungsgröße gelten die gleichen Grenzen, die auch für den Sozialen Wohnungsbau gelten. Diese betragen in NRW:

  • 50 qm für 1 Person,
  • 65 qm für 2 Personen,
  • 80 qm für 3 Personen,
  • 95 qm für 4 Personen,
  • und so weiter (je Person 15 qm mehr).

 

Die Heiz- und Warmwasserkosten und die kalten Betriebskosten (Wasser, Müllabfuhr etc.) müssen zusätzlich übernommen werden (auch Nachzahlungen aus der Jahresabrechnung), aber ebenfalls

nur, „soweit sie angemessen sind“. Das heißt aber nicht, dass die Behörde mit Pauschalen arbeiten und jede Zahlung verweigern darf, die diese Pauschalen überschreitet. Denn auf die Höhe der meisten Betriebskosten haben die Mieter:innen gar keinen Einfluss. Nur dem, der beispielsweise nachweislich „zum Fenster heraus heizt“, darf die Zahlung gekürzt werden. Üblich ist eine sogenannte „Prüfgrenze“: Heizkosten werden nicht überprüft, solange sie den Oberwert des bundesweiten Heizspiegels nicht überschreiten. Liegen sie darüber, wird nach Ursachen geforscht. Stellt sich dabei heraus, dass sie nicht in der schlechten Isolierung oder der alten Heizanlage, sondern im persönlichen Verhalten der Mieterinnen und Mieter liegen, wird er zu sparsameren Verhalten aufgefordert. Bleibt auch dies fruchtlos, kann es im nächsten Jahr Kürzungen geben.

Manche Städte erkennen aber inzwischen auch „Pauschalen“ im positiven Sinne an. In Bochum sind das 1,87 € pro qm für kalte Betriebskosten. Positiv daran ist, dass in zwei Schritten geprüft wird: Ist die Nettokaltmiete angemessen, spielt die Höhe der Betriebskosten keine Rolle. Ist sie zu hoch, wird geprüft, ob die Bruttokaltmiete angemessen ist (5,80 € + 1,87 € = 7,67 € und das dann x 50 qm = 431,35 € für eine Person).

Sollten irgendwelche Kosten der Unterkunft nicht in voller Höhe übernommen werden, legen Sie im Zweifelsfall Widerspruch ein und kommen Sie zur Beratung!

Zu teuer?

Wer „unangemessen“ teuer wohnt, wird vom Jobcenter aufgefordert, die Kosten der Unterkunft zu senken. Dazu hat man nach dem Gesetz „in der Regel“ ein halbes Jahr Zeit und drei Möglichkeiten:

  • durch Umzug,
  • durch Untervermietung,
  • auf sonstige Weise.

 

Wer nach Ablauf der Frist immer noch unangemessene KdU hat, muss damit rechnen, dass die Behörde die Zahlung kürzt. Übernommen wird dann nur noch der „angemessene“ Teil der KdU. Voraussetzung für die Kürzung ist aber, dass es Ihnen möglich und zumutbar war, die Kosten der Unterkunft zu senken.

Was heißt möglich?

  • Die Senkung der KdU ist Ihnen nicht möglich, wenn Ihre Wohnung zu klein oder zu ungünstig geschnitten für eine Untervermietung ist,
  • Sie trotz eifriger Suche keine billigere Wohnung finden können; (Die Suche müssen Sie dokumentieren, z. B. indem Sie alle in Frage kommenden Angebote aus der Zeitung ausschneiden und notieren, warum Sie die Wohnung nicht bekommen haben!),
  • Ihr Vermieter auch nicht bereit ist, mit der Miete herunter zu gehen.

Was heißt zumutbar?

Die Senkung der KdU ist ihnen nicht zumutbar, wenn Sie individuelle Härtegründe geltend machen können, aus denen Sie nicht umziehen können, etwa

  • Krankheit,
  • Behinderung,
  • enge nachbarschaftlicher Kontakte, die beispielsweise der Betreuung Ihrer Kinder dient.

Leistungskürzung

Das Jobcenter kann niemanden zum Umzug zwingen. Sie kann sich aber – nach Ablauf der Frist – weigern, den unangemessenen Teil der KdU zu zahlen, egal ob das ein Teil der Kaltmiete oder der Heiz- oder Betriebskosten ist. Hierbei gibt es aber meist Toleranzgrenzen: Wenn ein Umzug teurer wird als durch die billigere Miete überhaupt eingespart werden kann, sehen die Behörden meist von einer Senkungsaufforderung ab. Wenn allerdings die Zahlung gekürzt wird, dann natürlich nicht nur auf die „Toleranzgrenze“ (in Bochum sind das 50 €), sondern auf die Mietobergrenze.

Bei den Heiz- und Betriebskosten gibt es manchmal Schwierigkeiten, wenn die Jahresabrechnung kommt: Wird eine hohe Nachzahlung fällig, hält die Behörde das oft für unangemessen. Hier muss man hart bleiben und auf Zahlung bestehen, denn es gilt das sogenannte „Zuflussprinzip“: Wird eine Nachzahlung fällig, muss die Behörde sie übernehmen, auch dann, wenn man im Abrechnungszeitraum noch gar kein Bürgergeld bezogen hat. Umgekehrt steht der Behörde aber auch eine eventuelle Rückzahlung zu, auch wenn man die monatlichen Abschläge, über die da abgerechnet wird, noch aus Arbeitslosengeld I gezahlt hat.

Wenn nach einer Abrechnung die monatlichen Abschläge erhöht werden, weil eine Nachzahlung fällig war, muss die Behörde diese ebenfalls übernehmen. Sollte sie sich mit dem Verweis auf „Unangemessenheit“ weigern, hilft wiederum nur der Widerspruch.

Auswege

Wenn man seine Kosten der Unterkunft senken muss, gibt es dazu – außer dem Umzug – mehrere Möglichkeiten:

Untervermietung

Wenn die Wohnung groß genug ist, kann man ein Zimmer untervermieten. Der Vermieter muss dazu unbedingt um Erlaubnis gefragt werden. Diese muss er zwar im vorliegenden Fall erteilen, aber ohne die formale Erlaubnis riskiert man eine fristlose Kündigung! (Siehe Ratgeber Untermiete)

„Sponsoring“

Hat man jemand im Bekannten-/ Verwandtenkreis, der einerseits nicht unterhaltspflichtig ist, andererseits aber bereit ist, zu helfen, kann man einen „zweckgebundenen Zuschauss“ zur Miete vereinbaren. Viele Kommunen werten das jedoch als Einkommen und kürzen den Regelsatz entsprechend. Dann gibt es nur die Möglichkeit, dass der „Sponsor“ direkt an den Vermieter zahlt und der – siehe oben – die Miete senkt.

Ersparnisse

Wer auf Bürgergeld angewiesen ist, darf im ersten Jahr (Karenzzeit) der Ersparte behalten, außer das Vermögen beträgt über 40.000 €. Für jede weitere Person im Haushalt steigt das erlaubte Vermögen um 15.000 €. Nach Ablauf der Karenzzeit sinkt das erlaubte Vermögen der ersten Person auf 15.000 €. Selbstgenutztes Wohneigentum gilt auch nach Ablauf der Karenzzeit bei angemessener Größe nicht als Vermögen.

Regelsatz

Schließlich kann man auch versuchen, den Differenzbetrag aus dem Regelsatz zu begleichen. Dem sind aber – angesichts der Höhe des Regelsatzes – Grenzen gesetzt. Wenn die Differenz nicht nur ein

paar Euro beträgt, wird die Behörde vermuten, dass man Nebeneinkünfte verschweigt. Wer beispielsweise als allein Stehender um 100 Euro zu hohe KdU hat, wird kaum glaubhaft machen können, das aus dem Regelsatz zu decken.

Wenn nur der Umzug bleibt …

… muss die neue Miete natürlich innerhalb der Angemessenheitsgrenzen liegen. Wichtig ist, die Behörde noch vor Unterschrift des neuen Mietvertrages zu fragen, ob die Miete für diese konkrete Wohnung übernommen wird. Die Umzugskosten müssen in „bescheidenem Rahmen“ bleiben. Das heißt, dass man den Umzug grundsätzlich „in Eigenregie“ organisieren muss. Man darf also nicht einfach ein professionelles Umzugsunternehmen engagieren.

Andererseits darf das Jobcenter Sie auch nicht einfach mit irgendwelchen Pauschalen abspeisen, sondern muss die tatsächlichen Umzugskosten übernehmen. Dazu gehören:

  • Miete für LKW,
  • evtl. Fahrer (wenn man niemanden kennt, der das kann),
  • Umzugskartons,
  • Verpflegung für Helfer,
  • evtl. Helfer (wenn man niemanden kennt, der es umsonst macht),
  • evtl. Elektriker (Starkstromherd) und Klempner (Frischwasserleitungen),
  • evtl. Schreiner (Einbauküche),
  • Wohnungsbeschaffungskosten (Zeitungen, Inserate),
  • doppelte Mietzahlung (wenn unvermeidbar).

 

Grundsätzlich gilt: Alles, was Sie irgendwie selbst erledigen können, müssen Sie auch selbst erledigen. Unvermeidbare Kosten aber muss das Jobcenter übernehmen. Tipp: Sprechen Sie vorher mit dem Jobcenter, wenn bei Ihnen absehbar hohe Umzugskosten anfallen. Eventuell lohnt der Umzug dann gar nicht.

Wenn Sie selbst umziehen wollen …

… muss die Behörde die Umzugskosten nur zahlen, wenn der Umzug notwendig ist – beispielsweise, weil die bisherige Wohnung zu klein (geworden) ist, schwere Mängel hat, unzumutbar ist (Beispiel: kein Bad), vom Vermieter gekündigt wurde, ein Paar sich getrennt hat oder Pflegebedürftigkeit eintritt.

Natürlich muss dann auch die neue Miete innerhalb der Angemessenheitsgrenzen liegen. Sie kann aber höher sein als die Miete in der bisherigen Wohnung. Solange die Miete unterhalb der Angemessenheitsgrenzen liegt, muss sie übernommen werden, zumindest dann, wenn der Umzug notwendig ist. Wenn er nicht notwendig ist, sondern einfach nur gewünscht wird, darf die neue

Wohnung nicht teurer sein, als die bisherige – zumindest wird die Miete danach nur in der bisherigen Höhe übernommen.

Vor einem Umzug sollten Sie mit der Behörde sprechen, um sicherzustellen, dass die Miete in der neuen Wohnung angemessen ist und übernommen wird. Soll die Behörde auch die Umzugskosten übernehmen, muss man begründen, warum der Umzug notwendig ist.

Für Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und erstmals eine eigene Wohnung anmieten wollen, werden Miete und Umzugskosten nur übernommen, wenn der Verbleib in der elterlichen Wohnung nicht möglich oder aus schwerwiegenden Gründen nicht zumutbar ist.

Widersprüche

Es ist zu erwarten, dass die Behörden in vielen Fällen die Übernahme von allen möglichen Kosten verweigern wird. Hier hilft nur eines: Hartnäckig bleiben, sein Recht einfordern, bei nachteiligen

Entscheidungen Widerspruch einlegen! Leider haben Widersprüche keine aufschiebende Wirkung. Wenn sonst schwere Nachteile drohen (beispielsweise Schulden oder gar Wohnungsverlust), muss man also parallel zum Widerspruch gleich zum zuständigen Sozialgericht gehen und dort einstweiligen Rechtsschutz beantragen.

Achtung: Die Aufforderung des Jobcenters, die Unterkunftskosten zu senken, ist selbst noch kein „Verwaltungsakt“. Deshalb kann man dagegen keine Rechtsmittel einlegen. Also gibt es nur zwei

Möglichkeiten der Gegenwehr:

  1. Abwarten, bis die tatsächliche Zahlungskürzung kommt, dann sofort Widerspruch einlegen und einstweilige Anordnung beim Gericht beantragen.
  2. Selber auf weitere Übernahme der Unterkunftskosten in der bisherigen Höhe klagen – und das Gericht von den Argumenten überzeugen, die die Behörde nicht gelten lassen wollte. Häufig ist das einfacher.