Wohnungsgipfel mit mageren Ergebnissen

Und wieder ein Wohnungsgipfel in Berlin, der die Erwartungen enttäuscht – sofern denn überhaupt noch jemand Erwartungen darin gesetzt hat. Mit 14 Maßnahmen will die Bundesregierung den lahmenden Wohnungsbau ankurbeln. Das scheint auch bitter nötig. 2022 wurden statt der geplanten 400.000 gerade mal 295.000 Wohnungen neu errichtet. Im Sozialwohnungsbereich gab es statt der erhofften 100.000 nur 22.545 Förderzusagen – die Zahl der Wohnungen, die dann tatsächlich gebaut werden, liegt meistens noch darunter. Im gleichen Zeitraum fielen allerdings 36.500 Sozialwohnungen aus der Bindung, sodass die Gesamtzahl der preisgebundenen Wohnungen weiter sank. Jetztsind es nur noch 1,09 Millionen.

Was am Montag in Berlin der Öffentlichkeit präsentiert wurde, scheint kaum geeignet, dieser Misere ein Ende zu bereiten. Im Einzelnen:

  • Eine Degressive AfA (Abschreibung für Abnutzung) in Höhe von 6 % soll dafür sorgen, dass sich Investitionen in den Wohnungsbau schneller lohnen. Der Nachteil: Das Bedeutet Förderung nach dem Gießkannenprinzip ohne jede Steuerungsmöglichkeit der Politik. Wer im Menschenarmen Sauerland baut, kann genauso von der Steuer absetzen wie jemand, der Versucht, die Wohnungsnot im Hotspot Köln oder Münster zu lindern. Und einen Deckel nach oben gibt es auch nicht.
  • Die Einführung des EH 40-Standards zum 1. 1. 2024 wird verschoben, es bleibt beim 2023 eingeführten EH 55-Standard. Das verhindert zunächst einen weiteren Anstieg der Baukosten, bedeutet aber nichts anderes als: Klimaschutz wird beim Wohnungsbau kleiner geschrieben. (Effizienshaus (EH) 40 bedeutet, dass so ein Haus nur 40 % der Energie eines Hauses verbraucht, das exakt den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) entspricht).
  • In Städten mit angespannten Wohnungsmärkten soll der Bau von bezahlbaren Wohnungen durch eine Änderung im Baugesetzbuch beschleunigt werden.
  • Der Bund will den Ländern in einem Zeitraum von 5 Jahren 18,15 Milliarden Euro für Wohnungsbauförderung zur Verfügung stellen, wenn die Länder auf jeden Euro des Bundes noch einmal 1,50 Euro drauflegen. Insgesamt sollen dann 45 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.
  • Beim Programm “Wohneigentum für Familien” (WEF) werden die Einkommensgrenzen von 60 auf 90.000 Euro im Jahr angehoben und die Kredithöchstbeträge ebenfalls um 30.000 Euro.
  • Die Bundesregierung wird für 2024 und 2025 ein Wohneigentumsprogramm “Jung kauft Alt” für den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden einführen – die dann natürlich auch saniert werden müssen.
  • Immerhin: Der Umbau von Büro- und Gewerbeimmobilien zu Wohnraum soll besonders gefördert werden. Hier gäbe es ein Potential von 235.000 Wohnungen.
  • Änderungen in den Landesbauordnungen sollen das Abweichen von kostenintensiven Standards ermöglichen.
  • Öffentliche Grundstücke sollen für den Sozialen Wohnungsbau kostengünstig abgegeben werden.
  • Die Lärmschutzregeln für Wohnbebauung in der Nähe von Gewerbegebieten werden gelockert.
  • Die Bundesregierung unterstützt Hauseigentümer künftig beim Einbau einer neuen klimafreundlichen Heizungsanlage – in der Höhe abhängig vom Einkommen – von bis zu 30 bis 75 Prozent. Der Speed-Bonus wird zudem auch auf Wohnungsunternehmen sowie Vermieterinnen und Vermieter ausgeweitet und soll so Wohnungsunternehmen motivieren, zeitnah einen Beitrag zur Wärmewende zu leisten. So sollen auch Mieterinnen und Mieter entlastet werden. Die bisherigen Sanierungssätze von 15 Prozent als Zuschuss und 20 Prozent steuerliche Abschreibung sollen jeweils auf 30 Prozent angehoben werden.
  • Es gibt vage Pläne zur Senkung der Grunderwerbssteuer.
  • Planungs- undGenehmigungsverfahren beim Wohnungsbau sollen durch Änderungen der Landesbauordnungen beschleunigt werden.
  • Die schon im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit soll jetzt endlich kommen.

 

Das Medienecho war sehr verhalten. “Der Kanzler legt ein Papier gegen die Baumisere vor. Oder vielmehr ein Papierchen”, kommentierte z. B. Süddeutsche. Auch der Deutsche Mieterbund (DMB) kritisierte den Wohnungsbaugipfel und die vorgestellten 14 Punkten im Kampf gegen den Wohnungsmangel deutlich: „Die gestern im Kanzleramt vorgestellten 14 Punkte führen weder zu mehr bezahlbarem Wohnraum, noch zu sinkenden Mieten. Es fehlt der Bundesregierung nach wie vor ein Plan, wie die Krise am Wohnungsmarkt gelöst werden soll“, kommentierte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes.

 

Bereits im Vorfeld des Gipfels war bekannt geworden, dass das Thema Mietrecht nicht auf der Agenda im Kanzleramt steht. Auf dem Gipfel selbst gab es auch keinerlei Zusagen zur Umsetzung der ausstehenden Mietrechtreformen aus dem Koalitionsvertrag, wozu u. a. die Absenkung der Kappungsgrenzen in angespannten Wohnungsmärkten, die Verlängerung der Mietpreisbremse oder die Verbesserung des Kündigungsschutzes bei Schonfristzahlungen gehören. Ernüchternd ist auch, dass weder die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau noch für den Bau von erschwinglichen Mietwohnungen aufgestockt wurden. Dagegen enthält das vorgestellte Maßnahmenpaket zahlreiche Vorschläge zur Eigentumsförderung oder zur Reduzierung von Klimaschutzanforderungen im Gebäudebereich. Immerhin soll die vom Deutschen Mieterbund geforderte „Neue Wohngemeinnützigkeit“ nächstes Jahr endlich umgesetzt werden.
„Die Bundesregierung setzt die völligen falschen Akzente, wenn Sie meint, die Krise am Wohnungsmarkt mit mehr Eigentumsförderung und höheren Subventionen für den Heizungsaustausch lösen zu können. Neben dem Bau von bezahlbaren Mietwohnungen muss die Reform des Mietpreisrechts, und zwar insbesondere die Ahndung von Wuchermieten, der Mietenstopp im Bestand und das Verbot von Indexmieten, oberste Priorität haben, wird aber sträflich vernachlässigt. Mieterinnen und Mieter blicken in eine ungewisse Zukunft, da die Ampel ihre Sorgen trotz alarmierender Zahlen zur Wohnkostenbelastung weiter ignoriert“, sagt Siebenkotten.