Zensus 2022: Wohnungspolitische Erkenntnisse für Bochum

Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben Ende Juni die Ergebnisse der Befragung für den Zensus 2022 veröffentlicht. Darin enthalten sind Zahlen zur Bevölkerung, Demografie, Haushalten, Familien, Bildung und Erwerbstätigkeit sowie zu Gebäuden und Wohnungen. Insbesondere die Ergebnisse aus der Wohnungsbefragung sind für eine zukünftige Wohnungspolitik der Stadt interessant.

Vieles darin ist nicht überraschend. So gehören in Bochum weiterhin viele Wohnungen Privatvermieter:innen, die eins oder wenige Häuser vermieten. Diese verwalten Wohnungen häufig anders als professionelle Unternehmen. Eher weniger wird jede Mieterhöhungswelle mitgemacht. Manche renovieren ihre Häuser ohne erhebliche Mieterhöhungen. Nicht selten tun sich solche Vermieter:innen aber mit Sanierungen und Modernisierungen schwer. Das hat häufig auch nachvollziehbare finanzielle Gründe, denn erstmal muss man eine höhere Investitionssumme aufbringen. Nicht jeder Vermieter kann dies leisten oder erhält zumindestens einen Kredit. Manche Wohnungen in Bochum sind daher in die Jahre gekommen und sind wegen Instandhaltungsstau kaum noch vermietbar. Hier droht jahrelanger Leerstand und mittelfristig der Abriss.

Bochum hat viele ältere Gebäude

Dem Zensus ist u.a. zu entnehmen, mehr als ein Drittel aller Häuser in Bochum sind in den Nachkriegsjahren bis 1969 entstanden. Das ist interessant, weil dies einen Hinweis auf den energetischen Zustand der Gebäude gibt. Die Energiekosten dürften hier erheblich höher sein als bei Neubauten aus den letzten beiden Jahrzehnten. Dies ergibt Herausforderungen für die kommende Wärmewende. Diese ist bis 2045 verpflichtend, bedeutet für viele Mieterinnen und Mieter wegen der Umlage der Modernisierungskosten auf die Miete erhebliche Kostensteigerungen. Leider selten sinken durch die Modernisierung die Kosten für die eingesparte Energie in gleicher Höhe wie die Mieten steigen.

Wohnungszahl bleibt konstant

Interessant ist auch die neuermittelte Gesamtzahl der Wohnungen in Bochum. Diese unterscheidet sich immerhin um 1,5 % oder 3000 Wohnungen von den zuletzt veröffentlichen städtischen Werten. Der Mieterverein ist dennoch nicht ganz überrascht. Weil es bisher keine Statistik über abgerissene Häuser gab, konnten diese Verluste an Wohnungen nicht Eingang in die Statistik finden. Der Vergleich zum Zensus aus dem Jahr 2011 zeigt, die seitdem erstellten Neubauten halten sich mit den Abrissen ungefähr die Waage. Die Zahl veränderte sich nur geringfügig von 196.792 im Jahr 2011 auf 197.473 elf Jahre später. Trotz Neubauprogramm ist es also leider nicht gelungen die Gesamtwohnungszahl zu erhöhen. Im letzten Wohnungsmarktbericht war deren Zahl noch mit 200.665 angegeben.

Es könnte angesichts der Neubaukrise zukünftig sogar zu einem Sinken nutzbarer Wohnungen kommen. Schon heute sind viele leerstehende Wohnungen kaum noch vermietbar. Diese bereits von der Stadt im Entwurf für das neue Handlungskonzept Wohnen angenommener Entwicklung wird von den Zensus-Werten bestätigt. So stehen laut Zensus über 3.000 Wohnungen mehr als ein Jahr leer. Eine zeitnahe Neuvermietung dürfte nur für wenige dieser Wohnungen zu erwarten sein. Die Gesamtzahl an Leerständen in der Zensusstatistik liegt sehr nah an der Zahl der Stadt, die bereits über die Stromzählermethode erhoben worden war: 7.100 bzw. 3,6 %. Zieht man die erwähnten 3.000 Wohnungen ab, muss daher von einem marktfähigen Leerstand von unter 2 % ausgegangen werden. Dies bedeutete eine gefährliche Enge auf dem Markt. Um Umzüge zu ermöglichen halten Wohnungswirtschaftler einen Leerstand von 2-3 % für ideal.

Angesichts dieser Entwicklungen wäre für den Mieterverein in den kommenden Jahren ein besonders wichtiges Engagement der Stadt, die nicht marktfähigen Wohnungen wieder bewohnbar zu machen.

Mehr Zahlen zum Zensus sind hier nachzulesen.