Wohnungstausch Interview mit Sebastian Bartels (Berliner Mieterverein)

Sebastian Bartels ist Geschäftsführer des Berliner Mietervereins Foto: Sabine Mittermeier

Zum Thema Wohnungstausch, das auch in Bochum verstärkt diskutiert wird, interviewte das MieterMagazin aus Berlin im April 2024 den Geschäftsführer des Berliner Mietervereins Sebastian Bartels.

MieterMagazin: In Österreich gilt das Recht auf Wohnungstausch als „toter Paragraph“. Sieht der Mieterverein trotzdem ein Potenzial?

Sebastian Bartels: Auf jeden Fall, Nur weil etwas nicht funktioniert, heißt es ja nicht, dass es nicht funktionieren kann – wenn man die Rahmenbedingungen ändert. Der Tausch muss meines Erachtens mehr beworben werden. Der Senat könnte deutlich mehr machen, um den Tausch auf freiwilliger Basis voranzubringen. Zum Beispiel eine Plakataktion wie in Freiburg. Aber auch die Bezirke sind in der Pflicht. Alle Einrichtungen des Bezirksamts, die mit Seniorinnen und Senioren zu tun haben, sollten die älteren Menschen proaktiv ansprechen. Das gleiche gilt für Pflegedienste. Und warum wird bei den Bezirksämtern nicht die Stelle einer Wohnungstauschbeauftragten eingerichtet, die das Ganze koordiniert? Gerade ältere Mieter:innen brauchen ganz konkrete Unterstützung und Begleitung.

MieterMagazin: Was müsste auf der gesetzlichen Ebene passieren, um den Wohnungstausch zu erleichtern?

Sebastian Bartels: Wünschenswert wäre sicher eine allgemeine Öffnung des BGB, aber um auf Nummer Sicher zu gehen – sprich ein solches Gesetz weniger angreifbar zu machen – ist es überlegenswert, das Recht auf Wohnungstausch nur für angespannte Wohnungsmärkte einzuführen. Im Gegensatz zu Österreich, wo zahlreiche Hürden eingebaut sind, sollte die Regelung nicht so restriktiv sein und klarer gefasst werden. Entscheidend ist natürlich, im Gesetz die Mieterhöhungsmöglichkeiten zu beschränken. Niemand gibt eine Vierzimmerwohnung auf, wenn für die Zweizimmerwohnung genauso viel zu zahlen wäre.

MieterMagazin: Die Vermieter-Verbände halten das für einen Eingriff in die Vertragsfreiheit. Zudem sprechen sie von einem Modernisierungshemmnis, wenn die Wohnung bei einem nahtlosen Tausch nicht energetisch ertüchtigt oder barrierefrei gestaltet werden kann. Was sagen Sie dazu?

Sebastian Bartels: Ja, es ist ein Eingriff, der aber in angespannten Märkten gerechtfertigt ist. So wie die Mietpreisbremse, bei der ja längst festgestellt wurde, dass sie nicht gegen die Verfassung verstößt. Eine Zumutbarkeitsklausel, wie beim Recht auf Untervermietung, könnte verhindern, dass Vermietenden unzumutbare Tauschpartner aufgezwungen werden. Was die Modernisierung betrifft: wir fordern, den Tausch für einkommensschwache Haushalte durch öffentliche Hilfen abzufedern. Mit diesem Geld könnte dann in solchen Fällen übergangsweise ein möbliertes Apartment oder ein Hotelzimmer angemietet werden. Dafür muss Geld in die Hand genommen werden, aber das kostet doch keine Milliarden!