Kabelprivileg fällt weg – Vorsicht bei Vermieterschreiben!
Nach mehrjähriger Übergangsfrist endet am 30. Juni 2024 das sogenannte Nebenkostenprivileg für den Kabelempfang und TV über eine Gemeinschaftsantenne. Die bisher übliche Praxis vieler Wohnungsgesellschaften, ganze Wohnblocks über einen Rahmenvertrag mit einem Kabelbetreiber mit Fernsehen oder direkt über eine gemeinsame Antenne zu versorgen und die Kosten dafür über die Nebenkosten abzurechnen, ist dann nicht mehr erlaubt.
Für Mieter:innen hat dies Vor- und Nachteile. Einerseits schränkte die zentrale Fernsehversorgung durch den Vermieter die Wahlfreiheit ein: Wer Fernsehempfang aus einer anderen Quelle beziehen wollte, musste den Kabelanschluss oder die Gemeinschaftsantenne trotzdem bezahlen. Andererseits bedeutete das Nebenkostenprivileg für alle diejenigen, die mit dem “normalen” Kabelempfang zufrieden waren, eine besonders günstige Fernsehversorgung.
Unternehmen bieten Fortsetzung an
Viele Wohnungsunternehmen hatten mit den Firmen langfristige Verträge abgeschlossen und dadurch günstige Konditionen bekommen, die sie an ihre Mieter:innen weitergegeben haben. Einige versuchen, das Modell fortzusetzen, in dem sie ihren Mieter:innen anbieten, die Kabelanschlusskosten künftig als Bestandteil der Grundmiete (statt der Nebenkosten) oder als separaten Vertrag weiterzuführen. Grundsätzlich gilt: Sie können darauf eingehen, müssen es aber nicht.
Genau aufpassen muss man dabei, wie das Schreiben konkret formuliert ist. Die LEG zum Beispiel nimmt diese Umstellung zum Teil automatisch vor und informiert ihre Mieter:innen lediglich, dass sie den dann separaten Kabelvertrag monatlich kündigen können, wenn sie keine TV-Versorgung über den vorhandenen Kabelanschluss mehr möchten. Wer also nichts unternimmt, zahlt den gleichen Betrag weiter, nur nicht als Nebenkosten, sondern als Miete. VIVAWEST schickt immerhin eine Zustimmungserklärung, auf der man ankreuzen kann, ob man die Kabelversorgung weiterhin möchte oder nicht. Was passiert, wenn sich jemand gar nicht meldet, ist aber unklar.
Der Mieterverein weist darauf hin, dass es juristisch gesehen eine “stillschweigende Zustimmung” nicht gibt. Rechtsberaterin Sabine Mosler-Kühr: “Der Gesetzgeber schreibt in solchen Fällen vor, dass eine aktive Zustimmung vorliegen muss, soll eine Änderung wirksam werden. Wir raten trotzdem allen Mieterinnen und Mietern, die Schreiben genau zu lesen und auf jeden Fall tätig zu werden. Es kann sonst unnötige Streitigkeiten geben, wenn ein Wohnungsunternehmen das Schweigen als Zustimmung auslegt, oder wenn es eben die TV-Versorgung zum 1. Juli tatsächlich einstellt und der Bildschirm dann schwarz bleibt.”
Es geht auch anders
Grundsätzlich haben Mieter:innen nämlich auch die Möglichkeit, die Fernseh-Versorgung zum 1. Juli selbst in die Hand zu nehmen und einen Vertrag mit einem Anbieter ihrer Wahl abzuschließen. Dabei können sie auch den vorhandenen Kabelanschluss des bisherigen Anbieters weiternutzten. Dann müssen sie allerdings eigeninitiativ einen Einzelvertrag abschließen. Die Verbraucherzentrale erwartet dabei einen leichten Preisanstieg von zwei bis drei Euro pro Monat im Vergleich zum inkludierten Kabelanschluss, der über die Nebenkosten abgerechnet wurde.
Alternativ können sich Mieter:innen das Fernsehen aber auch über Internet (IPTV), Satellit oder DVBT-2 in die Wohnung holen. Am komfortabelsten ist dabei IPTV über den vorhandenen Internet- bzw. DSL-Anschluss. Einige VDSL-Anbieter haben Paketangebote, in denen der Anschluss gleich mit der TV-Option gebucht werden kann.
Der Satellitenempfang hat den Vorteil, dass keine laufenden Kosten anfallen, die Programmauswahl riesig ist und unzählige Sender aus dem Ausland empfangen werden können. Die benötigte Satellitenschüssel muss allerdings an der Hausfassade oder auf dem Balkon installiert werden. Dazu wird die Genehmigung des Vermieters benötigt.
Für den Fernsehempfang über DVBT-2 reicht in den meisten Fällen bereits eine kleine Zimmerantenne. Die öffentlich-rechtlichen Sender lassen sich damit kostenlos empfangen. Für den Empfang von Privatsendern fallen zusätzliche Kosten an.
Wichtig ist in jedem Fall, dass man als Mieter:in aktiv werden muss, wenn der Bildschirm ab dem 1. 7. nicht dunkel bleiben soll.
Änderungen auch beim Bürgergeld
Bei Wohnungen, in denen der Kabelanschluss über die Nebenkosten abgerechnet wurde, übernahmen bisher die Jobcenter die Kosten. Schlossen Mieter:innen einen einzelnen Kabelvertrag ab, mussten sie diese Kosten hingegen aus dem Regelsatz bezahlen. Dieser Vorteil der Betriebskostenumlage fällt nun weg, die gesellschaftliche Teilhabe im Leistungsbezug wird dadurch eingeschränkt. Unser Dachverband, der Deutsche Mieterbund, fordert deshalb seitens der Politik eine Lösung, die allen Menschen den freien Zugang zu Medien und eine Grundversorgung mit Informationen ermöglicht.