Kündigungsschutz: Offener Brief an Justizminister

Mietervereine, Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Jurist:innenverbände fordern in einem „Offenen Brief“ an Justizminister Dr. Marco Buschmann eine deutliche Verbesserung des Kündigungsschutzes für Wohnungsmieter:innen. Auch der Mieterverein Bochum gehört zu den Unterzeichner:innen.

Steigende Energiepreise und eine hohe Inflation bringen viele Menschen an ihre finanziellen Belastungsgrenzen. Spätestens mit den nächsten Heizkostenabrechnungen drohen Zahlungsrückstände, die im schlimmsten Fall zur Kündigung des Mietverhältnisses führen können, so dass vielen Menschen der Verlust von Wohnraum drohen könnte. „Ein effektiver Kündigungsschutz ist dringend nötig“ fordern daher Mieter:innenvereine, Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Jurist:innenverbände in einem gemeinsamen „Offenen Brief“ an den Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann. Zwar diskutiert die Bundesregierung derzeit einen temporären Schutz durch Kündigungsmoratorien. Das ist aus Sicht der Unterzeichner:innen des offenen Briefes nicht genug: Ebenso wichtig wäre die Möglichkeit, eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs durch Ausgleich des Mietrückstands abzuwenden.

Bislang kann durch eine Nachzahlung des Mietrückstands nur die fristlose Kündigung geheilt werden, während die oft gleichzeitig ausgesprochene ordentliche Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist bestehen bleibt. Der Wohnungsverlust droht dann ein paar Monate später, obwohl der Mietrückstand beglichen wurde.

Lukas Siebenkotten, DMB:
„Mieterinnen und Mieter, die innerhalb der gesetzlichen Schonfrist all ihre Schulden bezahlt haben, verlieren trotzdem die Wohnung. Denn mit ihrer Zahlung ist zwar die fristlose Kündigung vom Tisch, die ordentliche Kündigung wegen der Pflichtverletzung ‚Zahlungsverzug‘ aber nicht. Sie bleibt wirksam. Das ist völlig absurd und nicht vermittelbar. Das Justizministerium muss endlich seine offenbar vorhandene Blockade aufgeben und die Schonfristregelung auch auf die ordentliche Kündigung ausweiten und damit sowohl die Forderung einer Vielzahl von Verbänden und Vereinen, des Bundesgerichtshofs als auch der eigenen Koalition erfüllen.“

Benjamin Raabe, RAV:
„Es besteht hier dringender Handlungsbedarf. Die Möglichkeit, eine Zahlungsverzugskündigung durch Ausgleich der Mietrückstände auszugleichen, gibt es seit nahezu 100 Jahren. Im Bedarfsfall zahlten die Wohlfahrtsbehörden, die übrigens von den Mietgerichten in jeder einzelnen Räumungsklage informiert wird. Seit der BGH-Entscheidung läuft dieses bisher gut funktionierende Schutzsystem leer. Alle die damit beruflich zu tun haben, fordern eine Reform – übrigens auch der Bundesgerichtshof.“

Dr. Rainer Tietzsch, Berliner Mieterverein:
„Das Problem ist seit langem bekannt. Immer wieder haben Mieter:innen und Sozialverbände auf das Problem hingewiesen. In drei Bundesratsinitiativen wurde das Problem thematisiert – bislang erfolglos. Auf Grund der Energiepreissteigerung und der davon galoppierenden Inflation wird der Handlungsbedarf deutlicher denn je.“

Werena Rosenke, BAG Wohnungslosenhilfe e.V.
„Jeder Wohnungsverlust muss verhindert werden, daher hat der Gesetzgeber dafür zu sorgen, dass bei einer Mietschuldenbefriedigung nicht nur die außerordentliche Kündigung, sondern auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses geheilt ist. Wir erwarten, dass die im Koalitionsvertrag versprochene Änderung im Mietrecht umgesetzt wird.“

 

Der Offene Brief im Wortlaut.